Nachholbedarf bei dualer Ausbildung
Bei Digitalisierung hat duale Ausbildung im Südwesten Nachholbedarf
– Jeder 2. Auszubildende nutzt weder Laptop noch Tablet
– IG Metall Baden-Württemberg fordert mehr Investitionen in Weiterbildung
Stuttgart. Welche Rolle spielen digitale Medien in der dualen Berufsausbildung? Lernen Auszubildende inzwischen standardmäßig mit Laptop oder Tablet? Und wie viele Betriebe setzen in der Ausbildung auf digitale Lernmanagementsysteme? Das wollte die IG Metall Baden-Württemberg von Ausbilderinnen und Ausbildern wissen, um einen Überblick über den Digitalisierungsgrad der dualen Ausbildung in ihren Branchen zu bekommen. Ergebnis: Der Handlungsbedarf ist hoch. Vielfach mangelt es an digitaler Ausrüstung und an Kompetenz und Zeit, um die vielfältigen Möglichkeiten der Technik zu nutzen.
An der Befragung in diesem Frühjahr haben sich Ausbilderinnen und Ausbilder aus knapp 90 Unternehmen mit insgesamt mehr als 4000 Auszubildenden beteiligt. Demnach bekommen knapp 60 Prozent der Auszubildenden keinen eigenen Laptop oder ein Tablet für die Ausbildung gestellt.
In einigen Ausbildungswerkstätten sind zwar Desktop-PCs oder Laptops vorhanden, jedoch oft nicht auf dem neuesten technischen Stand oder nicht in ausreichender Zahl. Digitales mobiles Arbeiten mit Tablets ist gar nur in jedem 6. Betrieb möglich.
Nur knapp jedes 3. Unternehmen organisiert seine Ausbildung über ein digitales Lernmanagementsystem. Und die Vielfalt sogenannter virtueller Lernortmöglichkeiten – zum Beispiel die gemeinsame Live-Nutzung von Softwareplattformen wie etwa digitalen Pinnwänden – wird kaum in den Ausbildungsalltag integriert. Hierfür ist oftmals eine unzureichende Qualifikation des Ausbildungspersonals verantwortlich, in nur 20 Prozent der Unternehmen ist die Weiterbildung für Ausbilderinnen und Ausbilder verpflichtend.
Katya Knapp
Die IG Metall ist angesichts der Befragungs-Ergebnisse alarmiert und sieht die Arbeitgeber in der Pflicht: „Angesichts von technologischem Wandel, Transformation und Corona-Pandemie wird der Einsatz digitaler Lehr- und Lernmittel immer wichtiger. Besonders in klein- und mittelständischen Unternehmen fehlt den Ausbilderinnen und Ausbildern jedoch die Zeit, sich in den Themen der Digitalisierung und des zukunftsorientierten Lernens weiterzubilden. Hier sind die Unternehmen gefragt, Geld und vor allem Zeit in die Qualifizierung ihres Ausbildungspersonals zu investieren“, so Katya Knapp, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Baden-Württemberg und zuständig für Digitalisierung in der Berufsausbildung.
Dies sei umso wichtiger, da in der Corona-Pandemie Ausbildungsplätze in den von der IG Metall betreuten Betrieben abgebaut wurden, der Bedarf an Fachkräften aber nach wie vor hoch ist. Zudem wollen sich viele junge Leute höher qualifizieren, wodurch der Bewerberkreis für die duale Ausbildung weiter schrumpft.
Christian Herbon
Laut Christian Herbon, Bezirksjugendsekretär der IG Metall im Südwesten, muss die duale Ausbildung als Garant für qualifizierten Fachkräftenachwuchs weiter ausgebaut werden: „Die duale Ausbildung muss modern und digital sein, damit sie zukunftsfähig und attraktiv bleibt. In unserem neuen Manteltarifvertrag Ausbildung in der Metall- und Elektroindustrie und in der Edelmetall-Branche haben wir Mindeststandards für eine solche Qualität festgelegt. Dies ist ein guter erster Schritt in Richtung Digitalisierung.“
Die konkrete Ausgestaltung erfolge vor Ort in den Betrieben, mit dem Ziel, „dass Arbeitgeber und betriebliche Interessensvertreter bei der dualen Ausbildung Hand in Hand arbeiten und es auch in Zukunft genug gut ausgebildete Fachkräfte gibt.“