Kein Angriff auf die Ausbildung!
Stuttgart. Die IG Metall Baden-Württemberg begrüßt die Initiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), die Ausbildung in der Corona-Pandemie zu sichern. Es muss alles getan werden, um die Ausbildung von Fachkräften sicherzustellen. Auch für die IG Metall hat es während der Corona-Krise höchste Priorität, Ausbildung zu gewährleisten und kreative, schnelle und pragmatische Lösungen zu finden. Allerdings zeigt das 10-Punkte-Programm des DIHK in eine falsche Richtung. Statt neue Wege zu gehen, sucht der DIHK Schlupflöcher für Ausbildungsverträge, Ausbildungszeit und Ausbildungsvergütung.
Bereits im ersten Punkt schlägt die Kammer vor, Teilzeit-Ausbildungsverträge zu vereinbaren oder Teile der Ausbildung an einen Verbundbetrieb oder überbetriebliche Einrichtungen zu übertragen. Diesen Vorschlag hält die IG Metall Baden-Württemberg für gefährlich: „Das könnte dazu führen, dass Ausbildungsverträge, Ausbildungsinhalte und auch Ausbildungszeiten willkürlich verändert werden. Bei verkürzter Arbeitszeit erhalten Auszubildende nur die Hälfte der Ausbildungsvergütung bei gleichbleibenden Ausgaben und längerer Ausbildungszeit. Auszubildende sollen Lerninhalte vermittelt bekommen und nicht als Ersatz für ausgefallenes Personal eingesetzt werden. Die IG Metall-Jugend fürchtet eine neue Art der Schmalspurausbildung“, sagt Christian Herbon, Bezirksjugendsekretär der IG Metall Baden-Württemberg.
Die IG Metall begrüßt den Vorschlag digitale Medien verstärkt zu nutzen, um Ausbildungsinhalte zu vermitteln. Die Gewerkschaftsjugend fordert seit mehreren Jahren einen Ausbau der Digitalisierung in der Ausbildung und im dualen Studium. Bislang sind es aber die Arbeitgeber, die Investitionen in Digitalisierung, Industrie 4.0 und in die Transformation blockieren. Herbon: „Digitale, moderne und kostenfreie Lehr- und Lernmittel sind ein Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Ausbildung.“
Kein Angriff auf das Berufsbildungsgesetz in Sachen Kurzarbeit
Einen weitreichenden Einschnitt plant der DIHK beim Thema Kurzarbeit. Der DIHK will Kurzarbeitergeld für Auszubildende und setzt sich dafür ein, dass der Paragraf 19 Berufsbildungsgesetz (BBiG) aufgehoben wird. Darin wird die Fortzahlung der Ausbildungsvergütung für sechs Wochen garantiert. Die Kammer argumentiert, dass eine Vergütungsfortzahlung von sechs Wochen Ausbildungsplätze in Gefahr bringen könnte. Ausbildungsplätze müssen gesichert werden. Aber die Vergütungen zu kürzen, ist der falsche Ansatz. Die Gefahr, dass eine solche Änderung dauerhafte Änderungen mit sich ziehen könnte und die noch größere Gefahr, dass Auszubildende ihre Ausgaben nicht mehr stemmen können, gilt es zu verhindern. „Es darf keinen Angriff auf Schutzrechte geben, nur weil es die Situation vereinfachen könnte. Dagegen werden wir uns massiv wehren“, betont Herbon. „Wenn Ausbildungsbetriebe in die Situation geraten, dass Ausbildungsvergütungen nicht mehr gezahlt werden können, dann halten wir den Vorschlag der Kammer, einen Zuschuss des Bundes oder Landes zu erhalten, für den richtigen. Aber durch diesen Zuschuss muss nicht der Paragraf 19 im BBiG geändert werden.“
Ein weiterer kritischer Punkt: die Prüfungstermine. Der DIHK schlägt vor, weitere Abschlussprüfungen zu verschieben, bei einem Teil ist das bereits erfolgt. Das kann aber dazu führen, dass Ausbildungsverträge enden, die Prüfungen aber noch nicht abgelegt sind. Dadurch könnte die Zahl von Auslernern ohne Abschluss rasant in die Höhe schnellen. „Wir benötigen klare gesetzliche Regelungen wie beispielsweise eine Erweiterung des Paragraf 21 BBiG, wonach Ausbildungsverhältnisse in solchen Ausnahmesituationen bis zum Stattfinden der Abschlussprüfungen verlängert werden“, so Herbon.
Die IG Metall-Jugend in Baden-Württemberg hält eine Sicherung der Ausbildungsplätze für ein wichtiges Element zur Eingrenzung der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Sie erwartet ein Bekenntnis der Arbeitgeber zur dualen Ausbildung und fordert diese auf, keine Kurzschluss-Entscheidungen zu fällen, die langfristig den Fachkräftemangel weiter vorantreiben könnten.